Debatte über den Mindestlohn schadet der Gesellschaft
Der kürzlich erfolgte Vorstoß verschiedener Wirtschaftspolitiker der Union, den Mindestlohn zu kappen oder einzufrieren wird auf breiter Front kritisiert. Nach einem Bericht des Focus hatte ein Papier der Arbeitsgruppe Wirtschaft der Unionsfraktion für ein großes Rumoren gesorgt. Zuletzt hatte es auch aus der Wirtschaft immer mal wieder Forderungen gegeben, die Mindestlohnerhöhung zumindest auszusetzen.
Die Forderungen
Aufgrund der Corona-Krise hatten verschiedene Wirtschaftspolitiker der Union im Rahmen eines „Wachstumsprogramms für Deutschland“ gefordert, den Mindestlohn (derzeit: 9,35 Euro je Arbeitsstunde) in Deutschland zu senken oder zumindest im kommenden Jahr nicht zu erhöhen. Zudem solle das Arbeitsgesetz geändert werden - anstatt einer täglichen Arbeitszeit solle eine wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden höchstens fokussiert werden und Ausnahmen vom Arbeitszeitgesetz auch auf nicht „systemrelevante“ Branchen erweitert werden. Die Beiträge zur Sozialversicherung sollen auf maximal 40 % gedeckelt und die Abschaffung des Solidaritätszuschlags soll auf den 1. Juli vorgezogen werden und soll auch für alle gelten und nicht nur für ca. 90 % der Steuerzahler, wie von der SPD eingebracht. Scheinbar erfolgten diese Vorschläge allein durch die entsprechenden Wirtschaftspolitiker und nicht abgesprochen mit anderen Arbeitsgruppen der Union.
Parteispitze wendet sich gegen die Vorschläge
Annegret Kramp-Karrenbauer (Vorsitzende der CDU) hat sich klar gegen diese Forderungen in der Mindestlohndebatte positioniert. Diese Forderungen entsprächen „keineswegs“ der aktuellen Position der Partei. Zustimmung erntete die Politikerin von CSU-Generalsekretär Markus Blume und der stellvertretenden SPD-Fraktionsvorsitzende Katja Mast. Obwohl Unternehmen sicherlich Spielraum benötigen, um sich wirtschaftlich wieder zu erholen, sei der Ansatz beim Mindestlohn zu kürzen nicht in Ordnung. Zu dem Thema Unternehmensspielraum solle sich weiter beim Konjunkturpaket unterhalten werden. Die Schaffung von Liquidität darf nicht auf dem Rücken von Arbeitnehmern geschehen, die sowieso schon zu geringen Löhnen arbeiten müssen. Geringverdiener würden dadurch verunsichert und die Gesellschaft durch solche Vorschläge gespalten. Für den Mindestlohn sollten die bereits vereinbarten Größen und Erhöhungen auch weiterhin Gültigkeit besitzen.
Schon jetzt besteht Kritik am Mindestlohn
Schon jetzt kommt aus vielen Richtungen Kritik am bestehenden Mindestlohn. So fordert etwa der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) einen gesetzlichen Mindestlohn von 12 Euro, weil der derzeitige Mindestlohn von 9,35 Euro zum Leben nach Prüfung vieler Kriterien zu einem angemessenen Leben nicht ausreicht. Die allgemeinen Kosten für den Lebensunterhalt und die notwendige Versorgung können mit einem solchen Lohn kaum getragen werden. Auch ein späteres Rentenniveau über der Grundsicherung würde eine deutliche Anhebung erfordern. Würde man an der aktuell beschlossenen Strategie festhalten, würde ein Mindestlohn von 12 Euro jedoch erst im Jahr 2031 erreicht, was letztlich auch für die konjunkturelle Entwicklung nicht zuträglich wäre.
Andere Prioritäten setzen
Die Interessen der Arbeitnehmer/innen sollten gewahrt und es muss zugesehen werden, dass möglichst wenig Menschen in die Arbeitslosigkeit gehen müssen. Derzeit sollten andere Prioritäten zur Wiederankurbelung der Konjunktur gesetzt werden und nicht pauschale Forderungen nach Lohnkürzungen die Gesellschaft spalten. Die Mindestlohnkommission aus Gewerkschaft, Arbeitgebern und anderen wird wohl im Juni einen neuen Vorschlag zur Erhöhung des Mindestlohns zum 1. Januar 2021 unterbreiten.
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