Wie verändert sich das Stadtleben durch die Pandemie?

In der FAZ beschäftige man sich kürzlich mit der Frage, wie die Corona-Pandemie das Stadtleben künftig verändern wird. Hierzu werden einige Konzepte diskutiert, die teilweise schon praktiziert werden oder aber wozu man durch die gerade aktuelle Pandemie einen Diskussionsansatz finden kann. Nachdenken und Abwägen in punkto einer neuen Erfahrung mit der Ausbreitung von Virusepidemien waren in bisherigen Planungen wohl kaum an der Tagesordnung.


Technologische Durchdringung als zukunftsweisende Lösung


Betrachtet man sich die weltweite Lage, so scheinen besonders hochtechnisierte, digital durchdrungene Städte besonders gut gegen die Folgen der Pandemie gewappnet. In Städten wie Shanghai oder Seoul werden sogenannte Smart City-Technologien genutzt, um die Kontakte von Corona-Betroffenen nachzuvollziehen und die Abstandsregelungen zu kontrollieren. Anhand der Erstellung von Bewegungsprofilen wird eine effektive Eindämmung und Nachverfolgung von Pandemien gewährleistet. Was hierzulande datenrechtlich bedenklich erscheint, hat jedoch den Vorteil, dass keine komplette Volkswirtschaft heruntergefahren werden muss und ganze Städte oder Straßen isoliert werden müssen. Aber natürlich schwingt dabei auch ein gewaltiger Nachteil mit: Solche Überwachsungstechnologien können auch für andere Zwecke eingesetzt werden. Ob diese Technologien daher für andere Städte eingesetzt werden sollten, ist fraglich.


Gestalterisches Umdenken


Die Umgestaltung von Stadtbildern in Richtung zu vermehrten Angeboten im Freien, beispielsweise durch Grünstreifen, Parks oder speziell gestaltete Plätze scheint hingegen sehr sinnvoll. Gerade jetzt erleben wir immer häufiger, wie die Menschen sich angesichts fehlender Freizeitangebote wie Fitnessstudio oder Cafés ins Freie begeben, um dort Zerstreuung und Abwechslung zu finden. Die FAZ nennt dies die „Demokratisierung des mediterranen Lebensstils“. Durch publikumswirksame Umgestaltungen z. B. mit Sitzmöbeln oder Einrichtungen zur Freizeitgestaltung könnten solche Anlagen gerade in Zukunft hohen Zulauf erfahren. Entgegen der bisherigen Einstellung, dass in den Städten weiter dringend gebaut werden muss, würde dies ein Umdenken bedeuten – am besten wäre ein sorgfältiges Abwägen von Bebauung und gestalterischer Planung in Bezug auf Grün- und Auslaufflächen. Bisherige Ausweitungen im Sinne einer grünen Umweltpolitik – hier beispielsweise die vermehrte Schaffung von Radwegen – könnten in diesem Sinne weiter vorangetrieben werden und würden so das Stadtbild der Zukunft verändern. Sicherlich werden die Rufe nach mehr Raum für Fußgänger und Radfahrer in der Stadt nach der Pandemiezeit lauter werden.


Sharing-Ideen verlieren an Reiz


Gerade im dichten Gedränge der Innenstädte hatten bisher Sharing-Modelle wie z. B. das Teilen von Autos, von Gartenflächen oder Wohnungen Hochkonjunktur. Die Pandemie lässt nun diese Modelle zu einem Nachteil werden – je mehr Menschen sich eine Sache teilen, umso höher wird das Risiko einer Übertragung. Freiraum und eigenständiger Gebrauch werden zu gesundheitlichen Vorteilen. Die Frage wird sein, inwieweit eine Rückkehr zu den Vorteilen von Sharing-Modellen bedenkenlos möglich und sinnvoll ist. Im Kern ist Sharing wirtschaftlich und ökologisch sinnvoll – doch wir mussten lernen, dass dies auch einen Preis hat.


Zurück aufs Land?


In ländlichen Gegenden hat die Pandemie weniger Ausbreitungsmöglichkeiten. In solchen Krisen flüchten Städter nicht selten gern aufs Land – wer denn die Möglichkeiten dazu hat. Wir haben in den vergangenen Jahren jedoch eher eine Landflucht gesehen, weil die großen Ballungszentren die Menschen anziehen – hier gibt es Jobs, Kinderbetreuung und eine bessere Versorgung und mehr moderne Freizeitmöglichkeiten. Es ist wahrscheinlich, dass gerade aufgrund einer Krise wie derzeit ein neues Nachdenken einsetzt und wieder mehr Menschen dauerhaft zurück aufs Land ausweichen wollen. Die Zahl der Quadratmeter, die jeder Deutsche derzeit zur Verfügung hat, steigt im Durchschnitt seit Jahren – doch die Wohnräume in Innenstädten werden immer kleiner. Es müssen immer mehr Menschen mit noch weniger Wohnraum auskommen, wenn man in der Stadt wohnt. Familien könnten sich wieder verstärkt in die Vororte bewegen, wenn dort die Arbeit z. B. durch Homeoffice ebenfalls erledigt werden kann.

Bild©AdobeStock_William

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