Schlechte Zukunftsaussichten für Arme in Deutschland
Am 12. Mai 2021 hat das Bundeskabinett den 6. Armuts- und Reichtumsbericht (6. ARB) beschlossen. Diese Beschlussfassung durch das Kabinett folgt dem Regierungsauftrag, innerhalb jeder Legislaturperiode einen aktuellen Entwicklungsstatus über Armut und Reichtum in Deutschland zu eruieren, um somit die soziale Situation besser bewerten zu können. Nicht selten fußen politische Entscheidungen auch auf Grundlagen, welche die Einbeziehung dieser Daten beinhalten. Die Zahlen werden interpretiert und in Fachkreisen bewertet, um so bessere Entscheidungsgrundlagen zu generieren. Die Regierung interpretiert die nun aktuell entstandenen Zahlen so, dass der überwiegende Teil der Menschen in stabilen sozialen Lagen lebt und Deutschland daher „keine Abstiegsgesellschaft“ ist. Die „Zeit“ hat sich nun jedoch in einem aktuellen Online-Artikelmal etwas näher mit der Thematik beschäftigt und kommt durchaus auch zu anderen - nicht so positiven – Ergebnissen wie die Regierung. Diese dargestellten Ergebnisse sind alarmierend und sollten unbedingt weitere Beachtung in Politik und Wirtschaft finden.
Wer arm ist, bleibt arm
Gerade wer bereits in einer sozial prekären Lage ist – wie z. B. Langzeitarbeitslose und Geringverdiener – erhalten immer weniger Möglichkeiten zum sozialen Aufstieg. Diese Spirale hat sich in den letzten 30 Jahren enorm verschlimmert und nach Ansicht von Fachleuten zeigen die aktuellen Zahlen dies auch. Die Corona-Pandemie hat dies temporär zwar noch verstärkt, allerdings ist der Trend, nicht aus der Armut herauszukommen, auch schon vorher zunehmend gewesen. Die staatlichen Hilfen konnten die Situation aufgrund der Corona-Pandemie etwas entschärfen, generell ist es jedoch laut dem jüngsten ARB für in Armut lebende Menschen noch schwieriger geworden, sich aus dieser Situation zu befreien. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein in Armut lebender Mensch nicht innerhalb von 5 Jahren aus dieser lösen kann, ist von 40 % (Ende der 1980er Jahre) auf nunmehr 70 % gestiegen. Viele Sozialverbände drängen daher auf einen Kurswechsel in der Politik, da sie eine steigende soziale Ungleichheit und damit die Stabilität der deutschen Demokratie immer mehr gefährdet sehen. Die Vorschläge reichen dabei von der Erhöhung des Mindestlohns sowie der Hartz-IV-Sätze über steuerpolitische Modifikationen bis hin zur kompletten Reformierung der staatlichen Grundsicherung.
Der Reichtum ist ungleich verteilt
Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie haben deutlich vor Augen geführt, dass gerade die Geringverdiener und befristet Beschäftigten am meisten betroffen sind. Zwar haben die staatlichen Hilfspakete (wie z. B. das Kurzarbeitergeld) wirtschaftliche Härten abgefedert – doch das sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass Armut und Reichtum in Deutschland sehr ungleich verteilt sind. Etwa 10 % der Gesellschaft besitzen aktuell ca. 64 % des gesamten Nettovermögens in Deutschland! Etwa 90 % der Deutschen besitzen also nur ca. 36 % des Nettovermögens - nicht wenige sehen durch diese starke Ungleichverteilung den sozialen Frieden in unserer Gesellschaft bedroht und fordern entsprechende Maßnahmen zur Umverteilung. Betrachtet man die Vermögensverteilung in der Gesellschaft unter dem Aspekt „ärmere / reichere Hälfte“, gelangt man zu der Statistik, dass die reichere Hälfte der Deutschen ca. 98,6 % des gesamten Nettovermögens besitzen und die ärmere Hälfte nur 1,4 % - also fast nichts.
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