Die Mittelschicht in Deutschland schrumpft

Mehrere soziale Organisationen in Deutschland warnen mittlerweile vor zunehmender sozialer Ungleichheit infolge der Corona-Pandemie und fordern von der Regierung entsprechende Gegenmaßnahmen. Ob Kurzarbeit, entgangene Aufträge, Einbußen beim Einkommen oder sogar der Jobverlust - das Armutsrisiko hierzulande erhöht sich derzeit in vielen Fällen drastisch. Gerade die kleineren und mittleren Unternehmen und deren Angestellte oder auch viele Einzelunternehmer sind durch die Folgen der Pandemie nicht mehr in der Lage, ihren Lebensstandard zu halten. Auf der anderen Seite stehen große Unternehmen oder eine Oberklasse, der es schon vor der Pandemie gut ging und die durch die Pandemie keine Nachteile oder sogar noch Zuwächse erfahren hat. Die in den letzten Monaten stattgefundene Entwicklung begünstigt eine Spaltung der Gesellschaft - auf der einen Seite wächst die Zahl derer, die finanzielle Hilfeleistung vom Staat benötigen und auf der anderen Seite besitzt ein relativ geringer Bevölkerungsanteil einen immer größeren Teil des Gesamtvermögens. Auch die Tafeln in Deutschland spiegeln diese Entwicklung wider: Zuletzt verzeichneten sie eine um circa 40% höhere Nachfrage als noch im September vergangenen Jahres.


Besonders Familien und Jugendliche sind die Leidtragenden


Der Deutsche Kinder- und Jugend(hilfe) - MONITOR 2021, der anlässlich des 17. Deutschen Kinder- und Jugendhilfetags von der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe vorgelegt wurde, bescheinigt vor allen Dingen den Kindern und Jugendlichen sowie den Familien eine erhebliche Verschlechterung der sozialen Situation durch Corona. Gerade Elternhäuser mit niedrigeren Einkommen sind nach den Ergebnissen der Untersuchung besonders stark von den negativen Auswirkungen betroffen. Mittlerweile wächst in Deutschland jedes fünfte Kind in Armut auf - zudem sind die Zukunftschancen solcher Kinder besonders gering. Die Wahrscheinlichkeit, aus einer Armutssituation (z. B. Hartz-IV-Familien) erfolgreich in den nächsten 5 Jahren aufzusteigen, beträgt gerade einmal 30 %. Im Juni 2020 lebten 13,1 % aller nicht Volljährigen in einem Haushalt mit Hartz-IV-Unterstützung. Hinzu kommt, dass bei den 11- bis 17-Jährigen jedes 3. Kind coronabedingt unter psychischen Auffälligkeiten leidet. Mehr als ein Drittel der untersuchten Familien geben an, seit Beginn der Pandemie größere Geldsorgen zu haben.


Wie soll gegengesteuert werden?


Die Sozialverbände fordern ein nun schnelles und entschlossenes Gegensteuern durch die Regierung - hierbei kämen vor allem staatliche Finanzhilfen für besonders Betroffene in Betracht – die gewährte Sonderzahlung von 150 Euro nach einem Jahr Coronapandemie sei aber eher ein schlechter Witz. Es sei „viel mehr Sozialstaat“ nötig – so müssten Gutverdiener und Reiche stärker besteuert werden, damit einkommensschwache Familien und Jugendliche besser gefördert werden könnten. Gerade arme Menschen sind von den Folgen der Corona-Pandemie besonders stark betroffen und bedürfen nun der Hilfe des Sozialstaates. Auch weitere politische Entscheidungen könnten in diesem Belang die Betroffenen unterstützen: So fordert beispielsweise die Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendhilfe die Einführung eines „Post-Corona-Sonderurlaubes“. Hierbei handelt es sich um zusätzliche Urlaubstage beziehungsweise Urlaubs-Gutscheine für Familien mit besonders niedrigen Einkommen. Dies verbessere nicht nur die finanzielle Lage, sondern trage auch ein Stück weit zur Entlastung der psychisch stark betroffenen Menschen und damit der Linderung der Folgen bei. Trotz der aktuellen Forderungen der Sozialverbände scheint diese Thematik in der politischen Diskussion in Deutschland derzeit nicht auf der Tagesordnung zu stehen. Man kann nur hoffen, dass sich dies in allernächster Zukunft ändern wird.

Bild©AdobeStock_ ferkelraggae

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