IG Bau sieht riesengroßen Bedarf an Wohnungen auf niedrigem Mietniveau
Wie im Bundesbaublatt berichtet konstatiert eine aktuelle Studie im Auftrag der IG Bauen-Agrar-Umwelt die Notwendigkeit von gesteigertem, sozialen Wohnungsbau. In Zahlen: In Deutschland besteht laut der Studie aktuell ein Bedarf von mehr als 8,5 Millionen Wohnungen auf bezahlbarem Niedrig-Miet-Niveau, um die soziale Schere zu schließen. Es besteht jedoch nur ein Angebot von ca. 1,2 Millionen Sozialwohnungen – der Bundesvorsitzende der IG Bau, Robert Feiger, fordert deshalb eine „Sozialbau-Offensive“. Die Thematik ist nicht jung, doch trotzdem brandaktuell – und sie stellt das soziale Problem unzureichenden Wohnraums in den großen Städten Deutschlands immer wieder in den Fokus. Bisherige Lösungsversuche sind bei Betrachtung der Studienergebnisse offensichtlich nicht wirksam genug.
Ballungsgebiete mit besonders starkem Bedarf
Insbesondere die großen Städte und die Ballungsgebiete weisen einen sehr starken Bedarf an bezahlbarem Wohnraum auf. Die in der Studie veröffentlichten Zahlen zeigen einen sehr besorgniserregenden Trend: Innerhalb der letzten 10 Jahre hat der Bedarf dramatisch zugenommen – immer mehr Menschen benötigen eine bezahlbare Wohnung in den großen Städten. Schätzungsweise sind dies derzeit 1,28 Millionen Personen. Zugleich ist jedoch die Beschäftigung gestiegen und bildet somit einen Widerspruch zum Nachfrageüberhang nach bezahlbarem Wohnraum. Dies alles sei laut dem Bundesvorsitzende der IG Bau die Grundlage für „sozialen Sprengstoff“. Bei einer ermittelten Mietsteigerung von ca. 46 % im vergangenen Jahrzehnt für die kreisfreien Städte gibt es kaum Chancen, für durchschnittliche Einkommensbezieher derzeit an bezahlbaren Wohnraum zu gelangen. Auch wenn die Politik mit dem Mietendeckel gegenzusteuern versucht, scheint dies nicht den gewünschten Erfolg zu bringen. So geht die soziale Schere immer weiter auf.
Welche Lösungsmöglichkeiten gibt es?
Die Politik sollte nach Aussage von Herrn Feiger einen wohnungsbaupolitischen Kurswechsel vollziehen und offensiv mehr sozialen Wohnraum schaffen. Zudem sollte es eine Abkehr vom Prinzip der Fristen für die Sozialwohnungsnutzung geben – also keine sozialen Wohnungen mehr, die nach einer gewissen Frist zu „normalen“ Wohnungen werden. Sozialwohnungen müssen nachhaltiger erhalten und neu geschaffen werden. Darüber hinaus müssten viele ältere, vorhandene Wohneinheiten durch Sanierung wieder ihrem ursprünglichen Zweck weiter dienen können. Das „jahrzehntelang politisch tolerierte Abschmelzen des Bestandes an Sozialwohnungen“ darf nicht weiter gehen. Laut Berechnungen der Studie könnte der Bestand an sozialem Wohnraum durch Schaffung von 160.000 Wohneinheiten pro Jahr bis 2030 auf gut 2 Millionen erhöht werden. Regionale Unterschiede müssen besser berücksichtigt werden und Kommunen könnten in die Lage versetzt werden, besonders benachteiligte Haushalte mit Wohnraum auszustatten – beispielsweise durch sozial-kommunales Eigentum oder durch direkte Belegungsrechte.
Aber Robert Feiger appelliert auch an die Unternehmen, sich nicht weiter steigenden Löhnen zu verschließen. Derzeit müssten Arbeitnehmer fast 30 % ihres verfügbaren Einkommens für Wohnraum aufbringen – wer insbesondere in Ballungsgebieten sogar noch mehr dafür zahlen muss, wird bei der Lebensqualität Abstriche hinnehmen müssen. Dieser Widerspruch kann weder für die Unternehmen noch für die Arbeitnehmer angebracht sein. Für ihn ist es gerade auch in der Corona-Zeit wichtig, dass die Löhne weiter steigen. Nur im Zusammenwirken der beteiligten Kräfte kann die Lösung gefunden werden – wichtig ist jedoch, rasch zu handeln, denn der Bedarf wächst immer weiter.
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