Pflegeunterhalt: Kinder müssen künftig nur noch selten zahlen

Die Bundesregierung plant die Entlastung von Kindern von Pflegebedürftigen. Das Kabinett beschloss vor kurzem das sogenannte Angehörigen-Entlastungsgesetz von Bundessozialminister Hubertus Heil (SPD). Der Entwurf steht nun vor den Beratungen im Bundestag, damit eine Einführung zeitnah vollzogen werden kann. Es scheint, dass es dringend nötig war, dieses Thema anzugehen. Doch für viele Fachleute gehen die neuen Regelungen nicht weit genug bzw. lösen nicht das grundsätzliche Problem – doch worum geht es im Detail dabei?


Sozialhilfe für Pflegebedürftige: Ein kontrovers diskutiertes Thema


Wer pflegebedürftig wird, hat mit immensen Kosten zu rechnen. In vielen Fällen (2017 waren das lt. Statistik ca. 376.000 Pflegebedürftige) reicht die vorhandene Liquidität (wie Rente und Erspartes) nicht aus, um die Kosten für Unterbringung, pflegerische Leistung und damit verbundene Kosten zu tragen. Gerade die Kosten für eine Heimunterbringung plus adäquate Pflege stellen die Betroffenen oftmals vor große Probleme. Viele Menschen sind deshalb auf zusätzliche finanzielle Mittel angewiesen – diese können beim Sozialamt beantragt werden. Doch bisher mussten sich daran vor allem die Verwandten 1. Grades (z. B. Kinder) beteiligen – denn diese hat das Sozialamt herangezogen, damit die vom Pflegebedürftigen nicht aufbringbaren Kosten gedeckt werden. Nur unter einer sehr geringen Grenze liegende Einkommen bzw. Vermögen wurden verschont. Dies soll das neue Gesetz nun ändern.


Was ist geplant?


Geplant ist, dass nur noch Bezieher von Einkommen mit mehr als 100.000 Euro brutto im Jahr ab 2020 herangezogen werden können, wenn die Eltern auf Hilfe zur Pflege vom Sozialamt angewiesen sind. Damit soll neben einer Entlastung der Kinder für den Pflegefall der Eltern auch erreicht werden, dass alte Menschen auf Pflege in entsprechenden Einrichtungen verzichten, weil sie ihre Kinder nicht belasten wollen. Die Grenze von 100.000 Euro ist nach Angaben des Ministeriums eine bewährte Einkommensgrenze, da sie auch schon für die Grundsicherung im Alter sowie für die Erwerbsminderung Bedeutung hat. Nach aktuellen Zahlen würden durch eine solche Regelung ca. 275.000 Menschen an einer Pflegebeteiligung vorbeikommen. Wieviel eine solche Regelung an Mehrbelastung für die Kommunen bedeutet ist noch nicht komplett berechnet, da neben der Belastung von ca. 300 Millionen Euro für die Pflege auch positive Effekte auftreten – wie z. B. eine Verminderung des Verwaltungsaufwandes für Unterhaltsbeiträge nach bisherigem Schema. Weitere Regelungen des Gesetzes betreffen die Einstellung von Zahlungen durch die Eltern volljähriger, behinderter Kinder zur Eingliederungshilfe und eine Verbesserung der Situation für behinderte Menschen, beispielsweise durch Schaffung eines Budgets für die betriebliche Ausbildung.


Gibt es Kritikpunkte zur neuen Regelung?


Natürlich gibt es auch Kritiker hinsichtlich der geplanten Regelungen – dies sind vor allem die Kommunen, die nun milliardenschwere Zusatzbelastungen befürchten. Aber es gibt auch Kritik, weil die Regierung so zwar viele Kinder von pflegebedürftigen Eltern entlastet, aber das Grundproblem der Altersarmut nicht löst. Mit einem ausreichenden Einkommen im Alter wäre es gar nicht notwendig, dass bei Pflegebedürftigkeit das Sozialamt einspringen muss. Für einige Fachleute ist das geplante Gesetz daher nur „Kosmetik“ bei der Pflegefinanzierung – die steigenden Kosten im Pflegesektor sowie der zunehmende Pflegebedarf, wenn die Generation der Babyboomer älter wird bedürften einer grundsätzlichen Lösung. Eine bessere Absicherung für den Fall einer Pflegebedürftigkeit wird schon seit Jahren gefordert. Auch wird diskutiert, ob die Pflegeversicherung nicht besser die tatsächlichen Pflegekosten übernehmen sollte anstatt einen Satz nach Pflegegrad zu zahlen. Die Regierung tut sich jedoch ebenso lange schon sehr schwer, hier wirklich realisierbare Lösungen zu finden, auch in Anbetracht der vielen unterschiedlichen Interessenslagen.

Bild©AdobeStock_bilderstoeckchen

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