Abgeltungssteuer: Geplante Abschaffung und die Konsequenzen
Die neue Regierungskoalition plant die Abschaffung der Abgeltungssteuer auf Zinserträge. Statt der bisherigen 25 %-Steuerabgabe auf Zinsen, sollen Einkünfte dieser Art zukünftig wieder individuell versteuert werden – nach dem persönlichen Steuersatz. Damit geht laut einem Artikel der Wirtschaftswoche (http://www.wiwo.de/my/finanzen/boerse/abgeltungsteuer-die-enteignung-geht-weiter/20859240.html) die Enteignungspolitik weiter. Nach Ansicht der Wirtschaftswoche sollte die Politik sehr viel mehr für den Vermögensaufbau tun, beispielsweise mit einem Sparerfreibetrag von mindestens 5.000 Euro. Für Gutverdiener hingegen würde die neue Besteuerung beispielsweise bedeuten, dass Zinserträge mit 42 % plus Soli versteuert werden müssen. Dabei wird die ordnungspolitische Sinnhaftigkeit gar nicht in Frage gestellt, sondern nur die generelle Schröpfung von Erträgen für den Vermögensaufbau. Bis heute sind z. B. Dividendenerträge nämlich deutlich stärker mit steuerlichen Abgaben belastet als Zinserträge. Zinsen können von Unternehmen von der Steuer abgesetzt werden, Eigenkapitalkosten jedoch nicht.
Sonderfall: Abschaffung einer Steuer bedeutet diesmal eine Mehrbelastung
Normalerweise sollte man meinen, dass die Abschaffung einer Steuer – wie in diesem Fall der Abgeltungssteuer – eine Minderbelastung bedeutet. Doch weit gefehlt: Die hier geplante Abschaffung bedeutet de fakto für sehr viele Menschen eine Mehrbelastung, da die anfallenden Zinserträge dann nicht mehr mit (wie bisher) 25 % versteuert werden müssen, sondern nach dem persönlichen Einkommensteuersatz, der deutlich höher liegen kann als der bisherige Steuersatz. Von einer geplanten Entlastung der Mittelschicht also bei dieser Thematik keine Spur. Im Sondierungspapier der GroKo liest es sich so: „Die Abgeltungssteuer auf Zinserträge wird mit der Etablierung des automatischen Informationsaustausches abgeschafft“. Hier geht es um die quasi Abschaffung des Bankgeheimnisses – denn weltweit mehr als 100 Länder wollen an diesem Informationsaustausch teilnehmen, Deutschland tut dies bereits seit September 2017. Bei allen Änderungen soll jedoch der Pauschbetrag von 801 Euro bzw. 1602 Euro für Verheiratete weiterhin gelten. Das bedeutet, dass kleine und mittlere Einkommensbezieher nur dann negativ von einer Abschaffung der Abgeltungssteuer betroffen sind, wenn der Pauschbetrag bereits ausgeschöpft wurde.
Argumente immer gut prüfen
In der derzeitigen Zinssituation freilich bedeutet die Überschreitung des Pauschbetrags das Vorhandensein eines größeren Vermögens, was wohl nur Mittelschicht oder Spitzenverdiener ansparen können. Dies kann sich jedoch bei steigenden Zinsen relativ schnell ändern – dass generieren auch schon kleinere Sparsummen Zinserträge, die dann relativ hoch versteuert werden müssten. Insbesondere bei Anlagestrategien mit einem höheren Ertragspotenzial ist dies der Fall – beispielsweise bei Anlagen am Aktienmarkt. Das Sondierungspapier geht nicht weit genug, um zu beurteilen, ob die Abschaffung der Abgeltungssteuer z. B. auch für Kursgewinne gelten soll – oder eben nur für Sparkonten, Tagesgeld- und Festgeldkonten etc. Gerade bei einem sinkenden Rentenniveau, wie es in Deutschland erwartet wird, wäre es aber sinnvoll, wenn die Politik den persönlichen Vermögensaufbau besser unterstützt. Arbeitnehmer – gerade aus weniger starken bzw. mittleren Einkommensschichten – sollten die Möglichkeit haben, besser vorzusorgen für das Alter. Die Abschaffung der Abgeltungssteuer und die dadurch entstehende Mehrbelastung vieler Anleger zielen da eher in die falsche Richtung. Bleibt abzuwarten, ob das wirklich so realisiert wird bzw. welche ggf. ergänzenden Regelungen getroffen werden. Ganz generell wäre zudem eine Vereinfachung der Steuerregelungen sehr wünschenswert.
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