Nachzahlungszinsen für verspätete Steuererklärungen sollen gekippt werden 

Wie in einem Artikel der Wirtschaftswoche zu lesen wird der Bundesfinanzhof möglicherweise die Nachzahlungszinsen für verspätet abgegebene Steuererklärungen kippen. Hier fallen bisher 6 % für säumige Steuerzahler an, was jedoch verfassungswidrig sein könnte. Der Bundesfinanzhof hat zunächst einmal eine „Aussetzung der Vollziehung“ für die Verzinsungszeiträume ab 2015 eingeräumt. Doch wieso könnten die verlangten Zinsen überhaupt verfassungswidrig sein? Im konkreten Streitfall wurde bei den Antragstellern für 2009 eine Einkommensteuerschuld von ca. 160.000 Euro festgelegt, was jedoch nach einer Außenprüfung im November 2017 auf mehr als 2,1 Millionen Euro revidiert wurde. Nachzuzahlen war nun jedoch nicht nur der Differenzbetrag von immerhin 1,985 Millionen Euro sondern zusätzlich auch noch Zinsen in Höhe von mehr als 240.000 Euro. Hierzu hatten die Zahlungspflichtigen bereits beim Finanzamt selbst und bei einer ersten Instanz eine Aussetzung beantragt – jedoch ohne Erfolg. Der Bundesfinanzhof hat jedoch nun dem Antrag vollumfänglich stattgegeben. 


Wucherzinsen in einer Niedrigzinsphase


Trotz der in Europa herrschenden Niedrig- bzw. Nullzinsphase verlangt der Staat von säumigen Steuerzahlern für jeden Monat 0,5 % Zinsen für die nachzuzahlende bzw. zu erstattende Steuer. Diese Höhe des Zinses gilt schon seit 1961 ohne Änderung. Durch solche Zinseinnahmen flossen allein bei Betriebsprüfungen in den letzten Jahren mehr als 2 Milliarden Euro an den Fiskus. Es existieren schwere Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit aufgrund der Höhe der Zinsen. Die Finanzrichter führen eine „realitätsferne Bemessung des Zinssatzes, die den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes verletze“ an. Der derzeit verlangte Zins überschreite den „angemessenen Rahmen der wirtschaftlichen Realität“ erheblich. Es fehlt an einer sachlichen Rechtfertigung für die festgelegte Zinshöhe. Die Verfügung über die noch nicht entrichtete Steuerschuld muss einen Nutzungsvorteil beinhalten, der dann über eine Verzinsungspflicht beim säumigen Zahler abgeschöpft werden könnte – dieser Vorteil ist jedoch aufgrund der derzeitigen Niedrigzinsphase nicht erkenn- bzw. erreichbar. Es gibt nach Ansicht der Richter keinen Rechtsgrund für einen solchen Zuschlag auf die Steuerschuld. Der Bundesfinanzhof wird daher prüfen müssen, ob eine Verfassungswidrigkeit besteht. 


Bund der Steuerzahler fordert Halbierung


Der Bund der Steuerzahler (BdSt) fordert eine Halbierung der Zinsen auf 3 % per anno, also 0,25 % je Monat. Derzeit würden beispielsweise Unternehmen nach Betriebsprüfungen oftmals mehr Zinsen als Steuern nachzahlen – das wäre so nicht in Ordnung. Eine abschließende Klärung der Zinshöhe wird jedoch wohl vom Bundesverfassungsgericht vorgenommen werden. Es liegen bislang 2 Verfassungsbeschwerden für die Jahre 2012 bis 2014 in Karlsruhe vor – damit sind betroffene Steuerbescheide bis zur endgültigen Klärung vorläufig. Indes teilte die Bundesregierung mit, dass man „mit geeigneten Maßnahmen“ Vorsorge treffen werde, dass eine Entscheidung der Verfassungsrichter in allen betroffenen Steuerfällen Anwendung finden kann. Man kann allerdings davon ausgehen, dass derjenige, der keinen Widerspruch eingelegt hat, wohl leer ausgeht. Die nächsten Monate werden allemal sehr interessant sein in dieser Angelegenheit. 

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