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Neue Kreditrichtlinie erschwert Kreditvergabe an Bundesbürger

Wie kürzlich in einem Artikel der Huffingtonpost zu lesen, hat eine neu beschlossene Kreditrichtlinie negative Auswirkungen auf die Kreditverfügbarkeit bei Immobilienfinanzierungen. Auch von verschiedenen Verbänden und von Geldinstituten hagelt es Kritik. Die neue Wohnimmobilienkreditrichtlinie der Europäischen Union (EU) wurde ohne große Öffentlichkeit als Umsetzung in deutsches Recht beschlossen und soll eigentlich die Gefahr einer Immobilienblase eindämmen. Doch die Vorgaben sind laut Meinung vieler Experten viel zu restriktiv, so dass viele Bundesbürger nun gar keine Immobilienfinanzierung mehr erhalten können. Viele tausend Immobilieninteressenten könnten so nicht mehr ihr Ziel des Erwerbs von Eigentum an einer Immobilie verwirklichen. Wie bei vielen Themen gehen die Meinungen der Experten auseinander, doch die Kritikpunkte sind nicht von der Hand zu weisen. Um zu verstehen, sollte man sich jedoch etwas genauer mit der Richtlinie auseinandersetzen - was genau steckt also hinter den Beschlüssen?

Richtlinie gilt seit Ende März 2016

Die Richtlinie, die seit Ende März 2016 Gesetzescharakter hat, regelt unter anderem, dass Immobilienkredite nur noch dann vergeben werden dürfen, wenn der Kreditnehmer wahrscheinlich seinen Kreditverpflichtungen aus dem Vertrag nachkommen kann – der Spielraum wird somit sehr eng für die Kreditanbieter, weil sie sicherstellen müssen, dass ausreichend Einkommen bzw. Eigenkapital vorhanden ist. Zukünftig dürfen sich die Banken nicht mehr – wie früher – darauf berufen, dass der Immobilienwert an sich die Darlehenshöhe übersteigt und so bei einer eventuellen Zwangsversteigerung genug abwerfen würde, um die Kreditschuld zu befriedigen. Damit werden die Kriterien zugunsten einer Kreditvergabe stark beschnitten. Ebenso wenig darf von einem Anstieg des Immobilienwertes ausgegangen werden. Somit werden beispielsweise Kreditinteressenten, welche über hinreichend Immobilieneigentum verfügen, aber nur ein geringes laufendes Einkommen haben, kaum noch an Kredite gelangen können. Letztlich werden die Vorgaben nach Meinung vieler Fachleute dazu führen, dass weitaus weniger Menschen noch eine ausreichende Kreditwürdigkeit für ein Immobiliendarlehen aufweisen können – und somit auch kein Darlehensangebot bekommen werden.

Nachbesserung scheint notwendig

Kritik kommt vor allem aus Bankenkreisen, aber auch von Handwerkern und Unternehmen. So ist ein wichtiger Eckpunkt der Kritik, dass aufgebautes Immobilienvermögen (z. B. bei Rentnern) so faktisch entwertet wird. Bei jungen Familien könne aufgrund der Nichtberücksichtigung des Immobilienwertes praktisch kaum Kapitaldienstfähigkeit angenommen werden, da die wenigsten Einkommensbezieher bereits in jungen Jahren entsprechende Einkommen oder Eigenkapitalstöcke haben. Das Bundesjustizministerium erklärt in einer Stellungnahme, dass Ausschlüssen von jungen Familien oder Rentnern nicht beabsichtigt sind, das Gesetz aber wirtschaftliche Schäden durch Überschuldung verhindern hilft. Eine Kreditvergabe sei weiterhin möglich, wenn der Kreditnehmer über ausreichende Mittel zur Befriedigung der Kreditverpflichtungen verfügt. Allerdings gibt es auch Stimmen, welche die Umsetzung des EU-Rechtes in nationales Recht kritisieren, weil das EU-Recht weitere Gestaltungsspielräume offen gelassen hatte, welche in der nationalen Richtlinie so nicht mehr enthalten sind. Faktisch wird die Richtlinie dazu führen, dass viele Immobilieninteressenten keine Möglichkeit mehr haben, an einen Immobilienkredit zu gelangen, was nach altem Recht aber möglich gewesen wäre.

Immobilienblase: Wäre die Gefahr ohne diese Richtlinie wirklich größer?

Die Frage, ob ohne die Umsetzung dieser Richtlinie die Gefahr einer Immobilienblase wirklich höher gewesen wäre, lässt sich nur schwerlich beantworten. Sicher wissen werden wir es nie, aber anstatt staatlicher Vorgaben wäre die Überlassung der Bonitätsprüfung an die Geschäftsbanken ein Beweis für das Vertrauen in die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der in Deutschland ansässigen Kreditgeber gewesen. 

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